johanniter 2/2013
Franzi, die nach Weg
weisern Ausschau hält,
verdreht schon beim
Zuhören die Augen:
„Wie halten Sie so was bloß
aus? Ich würde ständig
explodieren.“ Elke Haß lacht aus vollem
Herzen: „Das lernen Sie schon noch mit den
Jahren. Bei mir hat das auch ein bisschen
gedauert. Jetzt verschwende ich meine
Energie nicht mehr mit vergeblichen Ausein
andersetzungen. Ich suche mir dann einen
anderen Weg.“
Das sind beinahe prophetische Worte
angesichts der Schlange vor Halle B5, in der
nun gleich Margot Käßmann sprechen soll.
Kirchentagshelfer halten Schilder hoch:
„Wegen Überfüllung geschlossen.“ Den beiden
jungen Frauen steht die Enttäuschung ins
Gesicht geschrieben. Elke Haß aber blinzelt
ganz vergnügt in die Sonne, die sich gerade
Beim 34. Deutschen Evangelischen
Kirchentag in Hamburg wurde
das Jubiläum „30 Jahre Barrierefrei“
gefeiert. Wer dennoch Hilfe
benötigte, konnte sich von
Johanniter-Jugendlichen ans
gewünschte Ziel bringen lassen.
„johanniter“ hat zwei der ehren
amtlichen Helfer begleitet.
Ganz Hamburg steht im Stau am zweiten Tag
des Deutschen Evangelischen Kirchentages.
Bei der Bibelarbeit mit Margot Käßmann will
die aus Stuttgart angereiste Elke Haß unbedingt
noch einen Platz bekommen. Allein gelangt
die 53-Jährige dort allerdings nicht hin – sie
sitzt im Rollstuhl.
Deshalb gehen jetzt links und rechts von
ihrem Rollstuhl zwei junge Frauen leicht in die
Knie, ergreifen beherzt die ausgestreckten Hän
de von Elke Haß und stellen sich vor: Stefanie
Wabnitz, 17, und Franziska Günther, 25, von der
Johanniter-Jugend. Der Jugendverband der
Johanniter-Unfall-Hilfe ist auf dem Kirchentag
für den Begleitdienst zuständig. „Für alle, die
hier sonst auf Barrieren stoßen würden.“ So hat
es Marcus Blanck, Referent bei der Johanniter-
Jugend, seinen ehrenamtlichen Helfern
morgens bei der Einweisung in den Begleit
dienst noch einmal in Erinnerung gerufen.
Viel Organisation und viel Geduld
Wie vielfältig solche Barrieren sein können,
weiß Franziska, genannt Franzi, bereits
von zurückliegenden Kirchentagseinsätzen.
Stefanie dagegen war erst einmal bei der
Kinderbetreuung dabei. Jetzt schiebt sie Elke
Haß souverän durchs immer dichter werdende
Gedränge und lässt sich erzählen, wie diese
mit dem Rollstuhl per Bahn von Stuttgart
nach Hamburg-Harburg gereist ist. „Man muss
halt immer gut organisieren, Leute ansprechen,
wenn man Hilfe braucht“, erklärt Elke Haß,
„und viel Geduld haben.“ Zum Beispiel, wenn
von den Taxen vor dem Bahnhof kaum eines
groß genug sei für einen faltbaren Rollstuhl.
Und wenn dann endlich eines passe, würde die
Fahrerin über Rückenschmerzen klagen und
ihr mit dem Rollstuhl nicht helfen können.
„Man muss halt immer
gut organisieren und
viel Geduld haben.“
Im Zentrum „Kirchentag Barrierefrei“ kann man sich für einen Be-
gleitdienst registrieren. Hier warten Helfer der Johanniter-Jugend
wie Franziska Günther (links) und Stefanie Wabnitz (rechts).
Fotos: Tina Merkau, Tobias Grosser
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