Johanniter März/23

Johanniter / März 2023 / In Aktion Johanniter / März 2023 / In Aktion 11 10 Das Hotel „Includio“ in Regensburg ist nicht nur barrierefrei, sondern inklusiv. Dort arbeiten Menschen, die es sonst schwer hätten, eine Stelle zu finden. In der ersten Johanniter-Einrichtung dieser Art in Deutschland können sie sich ein selbstbestimmtes Leben aufbauen. Freundlich erklärt Osman seinen Gästen, mit welchem Fahrstuhl sie am besten ihre Zimmer erreichen, wie die Chipkarte funktioniert und wann es Frühstück gibt. Wenn man ihn so hinter dem Tresen ste - hen sieht, deutet nichts auf seine persön - liche Einschränkung hin. Erst der kurze Weg zu seinem Stuhl offenbart: Osman humpelt. Und er ist froh, dass er sich nach einer langen Schicht an der Rezeption des Hotel „Includio“ wieder setzen kann. „Es ist mein Glück, dass ich hier viele Arbeiten im Sitzen machen kann“, erklärt er. Zu lange Belastungen seines Beinstumpfes sorgen für Schmerzen. Das Inklusionshotel der Johanniter in Regensburg bietet aber nicht nur Mit- arbeitenden wie Osman gute Arbeitsbe - dingungen. Alle 84 Zimmer sind barriere - frei – 18 davon sind rollstuhlgerecht, sind also besonders großzügig gestaltet und verfügen über bodengleiche Duschen. Seheingeschränkte Gäste können sich an der kontrastreichen Ausstattung orientie- ren, und für hörbehinderte Gäste hält das Team extra Hilfsmittel bereit. Und doch sind viele Gäste ohne Handicap unter- wegs, genießen das moderne Flair des Hotels und die ruhige Lage im Regensbur- ger Stadtteil Burgweinting. Und mischen sich dann mit Gruppen aus Behinderten- werkstätten, die hier ebenfalls absteigen und froh sind, dass ihr Anderssein an Fotos: Nikolaus Brade Includio Ein Haus für alle Menschen. diesem Ort weder erklärungsbedürftig noch mit Einschränkungen an Komfort verbunden ist. Begegnungen ermöglichen / „An diesem Ort kommen Menschen mit und ohne Be - hinderung ganz selbstverständlich zusam- men. Hier begegnen sich Beschäftigte des Hotels, Touristen, Geschäftsreisende oder Tagungsgäste“, beschreibt Martin Stein - kirchner das Projektziel. Der Regionalvor - stand der Johanniter in Ostbayern hat die Planung und den Bau des „Includio“ über viele Jahre energisch vorangetrieben und ist stolz auf das Erreichte. Diese Selbstverständlichkeit des Miteinan- ders bestätigt auch Rezeptionist Osman: „Es gibt immer wieder Begegnungen und Gespräche mit Gästen im Rollstuhl, wenn sie sehen, dass ich mein Bein nachziehe. Das verbindet und schafft noch mal eine andere Art der Augenhöhe.“ Osman stammt aus Syrien. Bei einem Bomben - angriff auf seine Heimatstadt Idlib ver- lor er als 18-Jähriger ein Bein. Nach der Operation kehrte er in seine Heimat zurück und versuchte, sein Leben in die Hand zu nehmen. Doch nach zwei Fassbomben- Angriffen, die auch seinen neu eröffneten Laden schwer trafen, gab er auf. „Ich habe in Syrien einfach keine Zukunft gesehen – und keine Chance auf eine gute Beinpro- these.“ Seinen Weg gemacht / Eine Therapie in Deutschland war der einzige Ausweg und so flüchtete Osman. Seine Geschichte klingt wie die vieler seiner Landsleute: immer in Gefahr, gefasst und wieder zurückgeschickt zu werden, im Schlauch - boot von der Türkei übers Mittelmeer nach Griechenland, viele Kilometer unterwegs auf Krücken. So entschlossen, wie Osman diesen Weg gegangen ist, hat er sich auch in Deutschland durchgekämpft. Nach Sprachkursen und einer Ausbildung zum Bürokaufmann landete er für ein Prakti - kum in der Notrufzentrale der Johanniter. Dort begegnete er Helga Butendeich, die gerade zu Besuch war und den Start des „Includio“ vorbereitete. Seit dem Sommer 2021 führt sie das Hotel „Includio“ – doch an dem Projekt arbeitet sie schon seit 2019. „Noch in der Bauphase galt es, ein Konzept zu erarbeiten, Mit - arbeiter zu finden und die Abläufe eines Hotels auf unsere besondere Belegschaft anzupassen“, erklärt sie. Denn 40 Prozent der insgesamt 42 Mitarbeitenden haben eine Behinderung, manche körperlich wie bei Osman, manche geistig. Hier läuft einiges anders: Ob die Taktung der Zim - merreinigung, die Sitzmöglichkeiten an der „Die Freude der Mitarbeiten- den mit Behinderung an ihrer Arbeit ist ansteckend.“ Helga Butendeich An alles gedacht: In Sachen Barrierefreiheit wurde beim Bau von „Includio“ auf höchste Standards geachtet. Osman hat an der Rezeption des „Includio“ einen Ort für sich gefunden.

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