Johanniter März/23

Johanniter / März 2023 / In Aktion Johanniter / März 2023 / In Aktion 7 6 Wie rund 139.000 weitere Menschen seit Kriegsbeginn ist auch die 28-jährige Jana nach Odessa geflohen. Mit ihren zwei Söhnen lebt sie in einer kleinen Wohnung außerhalb der Stadt. Die Energie der drei- und fünfjährigen Jungs ist oft zu viel für die alleinstehende Mutter. Auch an dem Tag, als Eleos, eine weitere Partnerorga - nisation der Johanniter, in einer Schule am Stadtrand wieder ihre regelmäßige Verteilung von Nahrungsmitteln anbietet. Mit finanzieller Hilfe der Johanniter unter - stützen die Mitarbeitenden von Eleos so in 13 Städten insgesamt 47.000 Menschen. Unter anderem Jana. Die hofft, dass ihre Kinder bald wieder einen Kindergarten besuchen können und sie ihrem Beruf als Zahnärztin nachgehen kann. Im Gehen bedankt sie sich: „Ihr habt mir heute den Tag versüßt. Heute Morgen war ich noch total erledigt, aber jetzt bin ich wieder voller Energie.“ Eine Autostunde nordöstlich von Odessa entfernt liegt Shiroke. Über holprige Wege geht es mit zwei voll beladenen Lastwagen in das Dorf, in dem von den ehemals 3.500 Einwohnern nur noch die Hälfte dort aus- harrt. Vor dem Gemeindehaus brummt ein Generator – gekauft von Spendengeldern an die Johanniter. So kann eine Pumpe für Trinkwasser betrieben werden. Auch Strom für die Mobiltelefone gibt es deshalb und die Menschen in Shiroke bleiben über aktu - elle Entwicklungen auf dem Laufenden. So wie die elfjährige Lima, bei der seit einem Raketentreffer auf das Nachbarhaus ihre Großmutter Mariya eingezogen ist. Damit diese wieder in ihre eigenen vier Wände zurückkann, lieferten ihr die Johanniter Dachschindeln, Holz zur Stabilisierung der Wände, Bauschaum und Verlegeplatten. „Ich bin so dankbar für die Hilfe. Früher ha - ben wir an euch Deutsche gedacht und jetzt denkt ihr an uns“, freut sich die 87-Jährige. Unterstützen und integrieren / Aber längst nicht alle bleiben in ihrer Heimat. Von den knapp acht Millionen Geflüchteten sind gut eine Million nach Deutschland gekom- men. Ihr Weg führte und führt noch immer ehemaligen Wände liegen verstreut im Garten. Nur die Garderobe ist noch an ihrem Platz. Für sich und ihren Mann hat sie zwei Verschläge hergerichtet, in denen sie schlafen und kochen. Die glaslosen Fenster sind notdürftig vernagelt. Es ist komplett dunkel, da es bereits seit März keinen Strom mehr gibt. „Ich schäme mich, Ihnen das zu zeigen“, sagt sie unter Tränen. Lidiya und ihr schwer kranker Mann sind Heimkehrer, die direkt nach der Befreiung im Oktober zurück in ihr Dorf wollten. Dort fanden sie nur Tod und Zerstörung vor: ihre Hühner und Kühe, der Gemüse - garten, ihr Haus. „Das Wichtigste ist, dass wir uns haben und das zusammen über - stehen“, sagt sie und trägt dankbar das dringend benötigte Baumaterial zu ihrem Haus. Nachbarn wollen dort helfen, einige Räume wieder herzurichten. Damit etwas Normalität einkehrt im Ausnahmezustand. Lebensmittel für die Städter / Ganz anders sieht es in der Hafenstadt Odessa aus: Statt ländlicher Stille herrscht hier dichter Verkehr – und überall brummen Generatoren. Denn das Stromnetz funk­ tioniert nur alle paar Stunden. Kalt ist es „Das Wichtigste ist, dass wir uns haben und das zusammen überstehen.“ Lidiya Mikolayivna Unterstützung erhält auch die 60-jährige Lidiya, die nach der Rückeroberung in ihr Dorf zurückgekehrt ist. In Odessa erhält Jana Lebensmittel (links) und auch der sechsjährige Aztem hat dort mit seiner Familie Zuflucht gefunden (oben). dennoch. So sitzen auch im Büro von New Dawn, einer Partnerorganisation der Johanniter, alle Mitarbeitenden in Jacken und Mützen vor den Bildschirmen. Sie organisieren bereits die nächsten Hilfslie- ferungen, bestellen Waren, klären Sicher - heitsfragen. Denn die Lage in den Regio - nen an der Frontlinie ändert sich täglich. In anderen Räumen des großen Gebäudes packen Ehrenamtliche Kisten mit Nah- rungsmitteln für die aus ihrer Heimat Vertriebenen zusammen. Diese stehen schon seit den frühen Morgenstunden vor dem Haus und warten, bis es 10 Uhr ist. Dann werden nämlich die Türen geöffnet und nach dem Tafel-Prinzip und einer Registrierung kann sich jeder ein Paket mit Nahrungsmitteln wie Konserven, Reis, Linsen, Tee, Kartoffeln und Milch abholen. Auch Hygieneartikel wie Duschgel und Seife sind enthalten. „Pro Tag kommen um die hundert Menschen zu uns“, erklärt Christina, die für den Einkauf zuständig ist. „Dank der regelmäßigen Unterstützung können wir die benötigten Hilfsgüter vor Ort einkaufen.“ Zusätzlich gibt es bei New Dawn auch Kleiderspenden, Spielzeug und Küchenutensilien: „Hier kann sich jeder be - dienen, der vorbeikommt.“ Fotos: Paul Hahn Strom gibt es vielerorts nur noch durch Ge- neratoren. Auch solche liefern die Johanniter.

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