johanniter 2/2013
„Dann lernt man,
trotzdem damit zu
leben.“
dieser blöde Körper plötzlich nicht mehr?“
Stefanie schaut sie mit geweiteten Augen an
und flüstert: „Man hofft ja immer, dass einem
so etwas nicht passiert.“ Elke Haß beruhigt
­sie: „Ja natürlich – und dann lernt man, trotz­
dem damit zu leben.“
Mit einer Psychotherapie habe sie ihre
Depression überwunden. Und dann gemerkt,
dass man weder zur Bittstellerin noch zur
Despotin werden müsse, wenn man Hilfe
braucht. Im oberen Stockwerk ihres Hauses
lebt inzwischen eine Studentin. „Die hilft
­mir bei schweren Einkäufen und fasst mal mit
­an, wenn Bedarf ist. Und wir verstehen uns
prima.“
Elke Haß erzählt, dass sie früher als Haus­
wirtschaftsleiterin für eine große Kindertages­
stätte gearbeitet habe und jetzt erwerbsun­
fähig sei. „Aber der Kopf funktioniert ja noch“,
sagt sie. Deshalb engagiere
­sie sich sehr in ihrer
Kirchengemeinde, beson­
ders im Konfirmanden­
unterricht. Mit ihrem
elektrischen Rollstuhl,
durch das Stück Himmel zwischen den
Messehallen schiebt, und deutet auf ihr mit
vielen rosa Merkzetteln bepflastertes Pro­
gramm: „Es gibt ja noch genug andere interes­
sante Sachen. Lasst uns erst mal einen Kaffee
trinken gehen!“
Hilfe annehmen will gelernt sein
Wenig später schaut Stefanie bewundernd
zu, wie souverän Elke Haß durch die Markie­
rungen in ihrem Programmheft blättert:
­„Toll, dass Sie wissen, was Sie machen wollen.
Manchmal begleite ich Leute, die erwarten,
dass ich Vorschläge mache.“ Merkwürdig
fühle es sich auch an, wenn man schweigend
einen Rollstuhl schiebe. „Manche sind wirk­
lich sehr verschlossen, da muss ­man sich
­für den Small Talk ganz schön was einfallen
lassen.“ Franzi nickt und fügt nachdenklich
hinzu: „Ich glaube, es ist nicht leicht, Hilfe
anzunehmen, oder?“
„Oh ja“, sagt Elke Haß. Anfangs sei ihr das
sehr schwergefallen. Sie war ja erst Anfang 40
und gewohnt, alles allein zu machen. Ständig
habe sie sich gefragt: „Wa­rum funktioniert
Unverhofftes Wiedersehen: Ganz zufällig trifft Elke Haß eine alte Bekannte wieder. Solche freudigen
Überraschungen gehören zu den beglückenden Momenten eines Kirchentages.
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In Aktion
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