johanniter 2/2013
Auch ein Beitrag zur Barrierefreiheit: Miteinander reden und
herausfinden, welche Bedürfnisse man teilt. Franziska Günther
hört zu, was Elke Haß zu sagen hat.
­den sie daheim in Stuttgart benutzt, passe
sie­zwar nicht in jede, aber doch beinah
­jede Straßenbahn. Dass aber selbst bei neu ge­
bauten Haltestellen nicht darauf geachtet
­wird, keine Stufe zwischen Zug und Bahnsteig
zu schaffen, regt sie auf. „Bei uns auf dem
Dorf gibt es nur einen Bus“, erzählt Stefanie
aus ihrem Alltag in der Sächsischen Schweiz.
­„Der fährt nur alle zwei Stunden.“ Elke Haß
schmunzelt: „Auch nicht gerade barrierefrei
für Sie.“
Nicht nur DIN-Normen zählen
„Wissen Sie“, sagt Elke Haß jetzt und schaut
den jungen Frauen fest in die Augen, „vor der
Krankheit habe ich eigentlich immer nur
­gearbeitet und nie darauf geachtet, was eigent­
lich in mir vorgeht. Und jetzt setze ich mich
manchmal einfach hin und spüre, was in mir
los ist. Das ist sehr schön.“ Franzi schaut zu­
rück – und denkt einen Moment nach: „Also
genießen Sie Ihr Leben jetzt mehr als früher,
als sie noch voll fit waren?“ Zweifel und
Hoffnung schwingen in der Frage mit –
­und eine Weisheit, die eine 25-Jährige ohne
Gespräche wie diese nicht haben könnte. Elke
Haß antwortet mit einem kräftigen Nicken.
Man lerne viel übers Leben bei der ehren­
amtlichen Arbeit im Begleitdienst, beschreibt
Franzi ihre Motivation. „Außerdem will
­ich einfach nicht in einer Welt leben, wo
­jeder nur an sich denkt. Deshalb muss ich
auch selbst was tun.“
Eine halbe Stunde später beim Vortrag
„Schwellenangst – eine Gemeinde wird
30 Jahre Barrierefrei
1983 gab es das erste vom
Kirchentag getragene „Service-
und Begegnungszentrum“.
Seither ermöglichen ehren-
amtliche Begleiter und Fahrer
Menschen mit Behinderung
echte Teilhabe an allen Ver­
anstaltungen. Seit 25 Jahren
leisten die Johanniter diesen
wichtigen Dienst mit rund
80 Spezialfahrzeugen und
Helfern der Johanniter-Jugend.
Wenn nötig, bringen diese die
zu begleitende Person bis zu
ihrem Platz.
barrierefrei“: Eine Architektin sagt, dass
Barrierefreiheit für sie nichts mit DIN-Normen
zu tun habe. Sondern damit, „dass wir mitein­
ander reden und herausfinden, welche
Bedürfnisse wir teilen – trotz unserer unter­
schiedlichen Fähigkeiten.“
In der ersten Reihe im Publikum sitzen drei
Frauen. Zwei jung, eine älter. Zwei mit roten
Jacken der Johanniter-Jugend, eine im Roll­
stuhl. Zwei aus der Stadt, eine vom Land. Sie
applaudieren bei diesem Satz und lächeln sich
verschwörerisch zu.
Sigrun Matthiesen
Johanniter auf dem
Kirchentag
Rund 1200 ehrenamtliche
Johanniter sorgten beim
34. Deutschen Evangelischen
Kirchentag für schnelle Erste
Hilfe im Notfall, für die Kinder­
betreuung und mit ihren
­­Fahr- ­und Begleitdiensten für
die Teilhabe von Menschen
­mit Behinderung. Rund 570 
Rettungssanitäter und Notärzte
waren mehr als 1000 Mal im
Einsatz. Drei Info-Stände und
tägliche Gute-Nacht-Andachten
bereicherten das inhaltliche
Angebot des Kirchentages.
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In Aktion
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