Johannitermagazin 2015/02 - page 7

johanniter 2/2015
Warum wurden diese Änderungen
notwendig?
Frank Wendorff:
Mehrere Unter­
suchungen haben gezeigt, dass mit
Theorie vollgepackte und längere
Kurse keinen höheren Lernertrag
bei den Teilnehmern bewirken
als kürzere, praxisnähere Kurse.
Bei den Johannitern heißen die
Kursangebote jetzt „Erste Hilfe
kompakt“. Was verbirgt sich hinter
dem geänderten Namen?
Frank Wendorff:
Die betriebliche
Erste-Hilfe-Ausbildung wurde von
16 auf neun Unterrichtseinheiten
reduziert. Das „kompakt“ bedeutet
hier, die Themen in kürzerer Zeit,
in zeitgemäßer Form zu vermitteln;
so, dass die Kursteilnehmer mög-
lichst viel davon mitnehmen. Zu
unserem bewährten Konzept der
Lerninseln haben wir dafür neues
Unterrichtsmaterial erarbeitet. Die
Teilnehmer brauchen künftig
nicht mehr so viele Hintergründe
zu kennen. Vielmehr stehen das
Erkennen der Symptome und das
richtige Handeln im Zentrum.
Die Johanniter setzen auf die Beteili-
gung der Teilnehmer für besseren Lern­
erfolg. Wie funktioniert das?
Frank Wendorff:
Die Teilnehmer
bringen sich in unseren neuen Kur-
sen noch aktiver und verantwortli-
Was tun im Notfall? Damit auch wirklich
geholfen werden kann, sind die neuen
Erste-Hilfe-Kurse ganz aufs Handeln
ausgerichtet.
Helfen, ohne nachzudenken
Das Spiel zwischen den beiden Kreisklasse-
Teams ist ausgeglichen, wohl auch wegen
Björns guter Verteidigung. In der Halbzeit­
pause klagt der 33-Jährige nach einem Ellbogen­
stoß über Schmerzen in der Brust. Mitte der
zweiten Halbzeit bricht er plötzlich zusammen.
„Ich habe es zuerst nur gehört: dieses typische
Geräusch, wenn jemand ungebremst auf den
Rücken fällt“, erinnert sich Sezgin. Er geht zu
Björn und erkennt sofort, dass etwas nicht
stimmt: „Björn hat gekrampft. Ich habe sofort
mit einem Griff seinen Mund geöffnet und
überprüft, ob irgendwas seine Atmung blo-
ckiert.“ Und der 30-Jährige prüft die Vitalfunk-
tionen seines Gegenspielers. „Sein Puls war
schwach und die Atmung flach – aber das ist
nicht ungewöhnlich bei trainierten Sportlern.“
Doch dann setzen Atmung und Puls aus –
Sezgin beginnt sofort mit Herzdruckmassage
und Mund-zu-Mund-Beatmung. Ein weiterer
Spieler hilft ihm dabei, gemeinsam halten sie
Björn am Leben. Viele andere wollen helfen,
wissen aber nicht, wie. Sezgin handelt, ohne
viel nachzudenken.
„Ich habe einfach nur funktioniert“, erinnert
er sich. Zum Glück für Björn. Denn was alle
Beteiligten erst später erfahren: Dem Sportler
ist auf dem Spielplatz ein Herzkranzgefäß
gerissen, was einen Herzinfarkt auslöste.
Auch als nach etwa zehn Minuten der Notarzt
eintrifft, hängt Björns Leben an einem seide-
nen Faden: Notoperation, einige Tage liegt der
Fußballer im Koma. Als er
aufwacht, kann er nicht
glauben, was ihm passiert
sein soll. Wenn er über
diese dramatischen Momen-
te seines Lebens spricht,
dann klingt das wie die
Geschichte eines anderen.
„Ich kann mich bis heute
nicht an diesen Tag und an
etwa fünf Tage vorher
erinnern“, sagt Björn.
Schon deshalb ist es den beiden jungen
Männern wichtig, in Kontakt zu bleiben. Es
hilft, diese Erfahrung zu verarbeiten. Für den
Geretteten wie für den Retter. „Ich habe eine
ganze Weile nicht richtig schlafen können, war
total unruhig“, erzählt Sezgin. Die Ungewiss-
heit, ob seine Bemühungen erfolgreich waren,
machten ihm zu schaffen. Dann der erlösende
Anruf: Björn ist aufgewacht und spricht! Es
wird noch Monate dauern, bis er sich von dem
Unfall erholt hat, die Reha hilft ihm – und das
Gespräch. „Wir haben stundenlang geredet, als
wir uns nach dem Vorfall das erste Mal getroffen
haben“, sagt Björn. Beide erinnern sich an die
große Aufregung vor dem Treffen, man kannte
„Bei der Bundeswehr
ist ein Erste-Hilfe-Kurs
mindestens einmal im
Jahr Pflicht. Das hat
mir sehr geholfen, das
Richtige zu tun.“
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